Saisoneröffnung 2011


Zum zweiten Mal trafen sich einige Darmstädter Schiedsrichter, um mit einer kleinen Wanderung und mit anschließendem gemütlichem Beisammensein die neue Saison zu eröffnen. Wieder war das Böllenfalltor im Nordosten Darmstadts der Treffpunkt. Oder sollte man besser sagen "im Nordosten Bessungens"? Schließlich ist Bessungen erst 1888 mit der Residenzstadt zusammengewachsen. Und die Lappings, wie die Bessunger noch heute genannt werden, sind durchaus stolz auf ihre lange Eigenständigkeit. Ein Lapping, das sei für die nicht Einheimischen gesagt, ist ein Wildkaninchen, das Wappentier Bessungens, das der Legende nach Landgraf Georg I. um 1570 dort ansiedeln wollte. Bis 2006 wohlgemerkt, nicht bis 1606, hing bei der Bessunger Kerb denn auch ein toter Hase am Kerbebaum, bevor er durch ein Plüschtier ersetzt wurde. Und das "Böllen" im Böllenfalltor hat mitnichten etwas mit lautmalerischem Schlachtenlärm rund um die Eingemeindung zu tun, sondern kommt schlicht und ergreifend von "Böllen" oder "Bellen" - gemeint waren damit Pappeln, die es vor vielen Jahren dort am Eingang zum landgräflichen Wildpark gegeben haben muss.
Das war die erste lehrreiche Information, die Ossi Klein zusammengetragen hatte, um seinen Kollegen einen informativen Rundgang durch ihre Heimat zu bieten. Der Herrgottsberg als letzter Ausläufer des vorderen Odenwalds war das erste Etappenziel, während Bessungen selbst schon in der Rheinischen Tiefebene liegt. Hier hat um 1535 eine Kapelle gestanden, deren Umriss heute noch durch in den Boden eingelassene Steine sichtbar ist. Bis heute werden am Altarstein Waldgottesdienste gehalten.
Von dort ging's bergab zu Goetheteich und Goethefelsen, wo - auf einer Gedenktafel verewigt - Johann Wolfgang von Goethe persönlich sich mit Freunden getroffen haben soll. Auf dem Goetheteich, der vom Herrgottsbergbach gespeist wird, schwimmt ein kleines Hausboot - das erste Exponat einer ganzen Reihe entlang des sogenannten Waldkunstpfades, der vor einigen Jahren von mehreren Künstlern angelegt worden war, und dem die Wanderer jetzt folgten - vorbei am kunstvoll zusammengenagelten "Forest House" und einer aus Sperrmüll zusammengesetzten übermannsgroßen Kugel.
Schon war der Ortsrand erreicht und die Schiedsrichter fanden sich nach kurzer Wegstrecke entlang des Saubachgrabens, dem ehemaligen Forellenteich, der aus dem Herrgottsbergbach hervorgeht, und der in die Bessunger Kiesgrube mündet, am Marienkrankenhaus wieder. Dieses ist seit geraumer Zeit immer wieder in der Tagespresse, weil - wohl durch die Ansiedlung von Ärztehäusern - ein zunehmender Bedarf an Parkplätzen besteht, in die die ansässigen Marienschwestern allzu gerne die angrenzenden idyllischen Kleingärten verwandelt sähen.
Wenige Meter weiter, dort, wo der Lossenweg auf die Klappacher Straße trifft, stellte Ossi Klein die Gedenkstätte für das Dorf Klappach vor, das der Straße ihren Namen gab: Aufgrund von Ausgrabungen geht man heute davon aus, dass eine erste Ansiedlung hier schon im dritten oder vierten Jahrhundert bestand, die erste urkundliche Erwähnung ist auf das Jahr 1289 datiert. Dieses Dorf ist damit noch älter als Bessungen, das zwar älter als Darmstadt ist und bereits 1002 urkundlich erwähnt ist. Aber aufgrund von Ausgrabungen geht man von einer Gründung im vierten oder fünften Jahrhundert aus.
Entlang der Klappacher Straße, die tief nach Bessungen hereinführt, wurde schließlich der Orangerie-Garten erreicht, der in den Jahren 1719 bis 1721 erstellt worden war. Früher hieß er auch - quasi als Gegenstück zum Darmstädter Herrngarten - "Bessunger Herrngarten", woher auch der Straßenname Herrngartenstraße stammt, die an der Orangerie liegt. Die symmetrische Gartenanlage - es fehlt nur das ursprünglich vorgesehene zweite Gebäude - mit ihren Orangenbäumen und Palmen, die im Winter eingelagert werden, bietet nicht nur vielen Bessungern einen Augenschmaus und Gelegenheit zur Erholung.
Von dort ist es nur ein kurzer Weg vorbei am ehemaligen Henkerhäuschen des Scharfrichters Schönbein, der Mitte des 18. Jahrhunderts verschiedene Unglückliche aufknüpfte und köpfte, zur zweiten wundervollen Gartenanlage Bessungens, dem Prinz-Emils-Garten. Kernstücke sind das 1772 erbaute und 1950 wieder errichtete Palais - das sogenannte Prinz-Emils-Schlösschen - das eine Sammlung von Papiertheatern enthält und der Teich, der erst 1987/88 wieder hergestellt wurde.
Damit befanden sich die Schiedsrichter längst im Kern Bessungens, nur noch ein Katzensprung über die Heidelberger Straße und schon war das Ziel dieser in jeder Hinsicht gelungenen Wanderung erreicht: Das Restaurant Thessaloniki, einer unserer Inserenten im SR-Journal. Dort konnten sich die Wanderer bei einem hervorragenden Speisenangebot stärken und den Abend gemütlich ausklingen lassen, bevor jeder individuell seinen Heimweg antreten konnte - nicht ohne, dass neue Ideen geboren wurden: "Mal eine echte Rundwanderung machen" war die eine, "Warum machen wir nicht mal eine Winterwanderung?" war die andere. Warum nicht?

Saisoneröffnung2011_1 Die kleine Gruppe der Wanderer trifft sich am "Bölle"...
...und freut sich bei idealem Wanderwetter auf einen entspannten Spaziergang. Saisoneröffnung2011_2
Saisoneröffnung2011_3 Erste Informationen von Ossi Klein am Herrgottsberg.
Dort ist er, der Berg! Saisoneröffnung2011_4
Saisoneröffnung2011_5 An den Grundmauern der Kapelle auf dem Herrgottsberg.
Abstieg zum Goethe-Teich. Saisoneröffnung2011_6
Saisoneröffnung2011_7 Der Goethe-Teich.
Das erste Exponat des Waldkunstpfades. Saisoneröffnung2011_8
Saisoneröffnung2011_9 Am Goethe-Felsen.
Inschrift am Goethe-Felsen. Saisoneröffnung2011_10
Saisoneröffnung2011_11 Wieder ein Exponat des Waldkunstpfades. Der Künstler wird wissen, was er damit sagen will...
Kunstvolle Hütte am Waldkunstpfad. Es lohnt sich, in das Bild hinein zu zoomen. Saisoneröffnung2011_12
Saisoneröffnung2011_13 Eine Kugel aus Sperrmüll.
Ein Stück des Weges führte die Wanderer entlang des Herrgottsbergbaches. Saisoneröffnung2011_14
Saisoneröffnung2011_15 Allee zwischen Marienhospital und Lossenweg.
Zurück in der Zivilisation: Im Lossenweg. Saisoneröffnung2011_16
Saisoneröffnung2011_17 Am Gedenkstein für das Dorf Klappach, das der Klappacher Straße ihren Namen gab.
Fast wie im Paradies: Im Orangerie-Garten. Saisoneröffnung2011_18
Saisoneröffnung2011_19 Staunen...
...ob des südländischen Flairs. Saisoneröffnung2011_20
Saisoneröffnung2011_21 Die Orangerie.
In Alt-Bessungen. Saisoneröffnung2011_22
Saisoneröffnung2011_23 Auch das ein kleines Paradies: Der Prinz-Emils-Garten.
Das Prinz-Emils-Schlösschen. Saisoneröffnung2011_24
Saisoneröffnung2011_25 Nach über einer - sehr informativen - Stunde am Ziel: Obmann Sebastian Schaab...
... begrüßt die durstigen Wanderer im Garten der Gaststätte Thessaloniki. Saisoneröffnung2011_26
Saisoneröffnung2011_27 Willi Bernhard.
Der jüngste Teilnehmer mit viereinhalb Monaten, schlagkaputt: Mozart. Saisoneröffnung2011_28
Saisoneröffnung2011_29 Oliver Krause und Sebastian Schaab.
Der Wirt des Thessaloniki bemüht sich zur vollsten Zufriedenheit um seine Gäste. Saisoneröffnung2011_30
Saisoneröffnung2011_31 Willi Bernhard und Markus Volk.
Ossi Klein, der sich viel Lob verdient hat, ob der exzellenten Vorbereitung des informativen Spaziergangs rund um einige der schönsten Stellen Darmstadts, und Leo von Landenberg. Saisoneröffnung2011_32


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