Der Kreisschiedsrichterausschuss Darmstadt hat auch in diesem Jahr seine verdienten Schiedsrichter wieder nach Nieder-Ramstadt eingeladen, um sich bei ihnen
für das im abgelaufenen Jahr erbrachte Engagement zu bedanken. Der Ehrungsabend lieferte dazu die angemessene, würdige Atmosphäre.
Eingeleitet wurde der Abend durch eine Einführung von Obmann Sebastian Schaab, in der er - durchaus angemessen - Parallelen zwischen Fußball und Theater
zog:
"Liebe Petra, liebe Schiedsrichterkameraden!
Wenn wir dem Literaturkritiker Hellmuth Karasek Glauben schenken, dann müssten wir jeden Sonntag mit Schauspielern, Maskenbildnern, Kulissenschiebern,
Schneidern, Beleuchtern und einer Garderobenfrau zu tun haben. Und in der Sprecherkabine säße eine ältere Dame, die vorsagt, wenn einer mal nicht weiter weiß.
Karasek sagte nämlich einmal, dass Fußball das erfolgreichste Theater der Neuzeit sei.
Was eigentlich spricht dagegen? Theater und Fußball funktionieren nur, weil hinter der Bühne eine Unmenge Arbeit geleistet wird, die das Publikum nicht sieht.
Arbeit, die wichtig ist, die aber oftmals keine Würdigung findet.
Welche Rollen würden sonntags denn verteilt? Statt King Lear von Shakespeare begegneten wir dem Schwalbenkönig, statt Mephisto aus Goethes Faust dem Rentner
mit dem Regenschirm, der bei jeder Entscheidung gegen sein Team kurz davor ist, selbigen gegen den Schiedsrichter oder Schiedsrichterassistenten zu werfen,
statt Wilhelm Tell dem Mittelstürmer, der jeden Ball ins Netz schießt, statt der Königin der Nacht aus Mozarts Zauberflöte dem Spieler, der uns von der ersten
bis zur letzten Minute eine Kassette ins Ohr drückt... Ich könnte sicherlich noch viele Vergleiche ziehen, doch letztlich bleibt die Frage, welche Rolle für
uns als Schiedsrichter übrig bleibt. In gewisser Weise die des Regisseurs, wobei wir uns sicherlich mit den Trainern um diese Aufgabe streiten müssten. Aber
in meinen Augen sind wir es, die diesen Job erhalten, denn der Regisseur ist für die Einhaltung des Textes und Ablaufes des Stückes verantwortlich, kann aber
dieses natürlich auch so beeinflussen, dass das Stück einen anderen Ausgang nimmt. Das moderne Theater spricht von Verfremdung: Eine Handlung wird durch
Kommentare oder Lieder so unterbrochen, dass beim Zuschauer jegliche Illusionen zerstört werden. So kann der Zuschauer der Theorie zufolge eine kritische
Distanz zum Dargestellten einnehmen. Ja, wir sind sicherlich genau dazu im Bezug auf das Spiel in der Lage, wenngleich wir es natürlich nicht mit zu viel
verschiedenem Licht - also bunt - treiben sollten. Vor allem der aus dem antiken Theater bekannte Chor, dem von jeher die Aufgabe des Kommentators der
Ereignisse zufiel - in unserem Fall also die Zuschauer -, wünschen nicht ihrer Illusion, die meistens durch die Vereinsbrille erzeugt wird, beraubt zu
werden.
Im Übrigen: Was, so frage ich euch, wäre denn auch der Regisseur ohne die Schauspieler? Aber umgekehrt genauso: Was wären diese ohne ihn?
Heute möchten wir die Bühne bieten für langjährige und verdiente Schiedsrichter und Schiedsrichterinnen. Bei der Fülle von Terminen, die ein KSO wahrzunehmen
hat, ist der heutige Abend sicherlich einer der dankbarsten, denn ausnahmsweise hat er keine Kritik zu erwarten und er sieht nur gut gelaunte, fröhliche
Gesichter. Aber selbst wenn Kritik aufkommen sollte - ein Schiedsrichter kann damit umgehen, das wird jeder von euch bestätigen können - gerade der Kreis
heute, ungemeine Schiedsrichter-Fachkenntnis: Wir ehren insgesamt für 495 Jahre geballte Schiedsrichter-Power gepaart mit der Erfahrung aus 21.400 Spielen.
Bevor wir gleich zu den Ehrungen kommen, möchte ich zunächst noch eine Worte des Dankes los werden:
Der Freundeskreis unterstützt wie immer den heutigen Abend. Hans-Jürgen Becker hat in gewohnter Manier die Statistiken ergänzt und die Ehrungen
zusammengestellt, und Helmut Ziegler erstellte - ebenso traditionell - die Urkunden.
Zuletzt aber danke ich euch allen, die ihr heute Abend eine Ehrung erfahrt, dafür, dass ihr dem Schiedsrichter-Wesen seit so vielen Jahren die Treue haltet,
dass ihr euch in guten wie in schlechten Tagen nicht unterkriegen lasst - egal was der Kritiker - bei uns der Beobachter - sagt - und regelmäßig Spiele leitet.
Natürlich kann das Theater auch ohne Regisseur, aber dann wird es schwer, alle 22 + X Akteure ohne Chaos auf der Bühne zu halten.
Meine liebe Petra, meine lieben Kameraden! In meiner kleinen Rede habe ich immer wieder auf Gemeinsamkeiten mit dem Theater hingewiesen. Eine überaus
wichtige aber habe ich vergessen: Auch Theaterleute wissen Erfolge zu feiern. In diesem Sinne: Vorhang auf und viel Spaß beim ersten und zweiten Akt des
heutigen Abends! Der erste Akt besteht in den Ehrungen, zunächst diejenigen für Spielleitungen, dann die für langjährige Schiedsrichter-Tätigkeit, der zweite
aus dem gemütlichen Beisammensein, das sicherlich die Gelegenheit bietet, über das ein oder andere Theaterstück oder auch Fußballerlebnis zu sprechen!"
Hier ein paar Schnappschüsse vom Abend: